
Hall of Art
Karl-Heinz, Karsten, Chris, Norbert, Torsten und Sven haben die Hall of Arts, früher Room of Arts, initiiert. Hier können verschiedenste Künstler ihre Kunst zeigen, gesehen werden, Kontakte knüpfen, Ideen austauschen, Pläne schmieden. Künstler, die sich sonst vielleicht nicht so getroffen hätten haben die Chance, sich kennenzulernen, können von Ausstellungsbesuchern, die sich sonst vielleicht für ganz andere Kunst interessieren, entdeckt werden. Organisatoren anderer Ausstellungsprojekte, können dort neue Künstler entdecken und ansprechen.
Für Sven ist es auch besonders wichtig dieses altehrwürdige Gebäude noch einmal mit Leben zu füllen, ihm zumindest für dieses eine Wochenende noch einmal einen neuen Sinn zu geben, diesen Teil hannoverscher (eigentlich lindener) Industriegeschichte noch einmal in den Fokus der Aufmerksamkeit zu setzen, bevor es irgendwann verschwunden ist.
Für die Ausstellung suchten Karl-Heinz, Karsten, Chris, Norbert, Torsten und Sven Künstler, die nicht Mainstream sind. Eigenständige Typen, die einen eigenen Stil und eine eigene Motivwahl aufweisen, auch mal abseits dessen, was gerade angesagt ist. Die Kunst sollte im Idealfall eigenwillig, eventuell sogar ein wenig arrogant sein, darf Kanten haben, um damit auch anzuecken, kann rotzfrech und gewagt sein, Tendenzen von Aggression aufweisen, gegen den Strom schwimmen und widerborstig sein. Die Hauptsache ist: Es ist kein Einheitsbrei, den es an jeder Ecke gibt. Oder aber sie ist so dermaßen zuckersüß und kitschig, dass es fast schon schmerzt. Dadurch ergibt sich dann ein unglaublicher Kontrast zur Location, der provoziert. Fliegende rosafarbene Zuckerwatte-Einhörner mit Glitter, bonbonfarben und nahezu klebrig-kitschig, in einer Ruine zu präsentieren, das wäre laut Sven schlicht der Hammer.
Die Ausstellung in einem der verlassenen Conti-Fabrikgebäude wurde von den sechs Freunden auf die Beine gestellt. Das sind Männer, die im alltäglichem Leben ihren Berufen nachgehen und in ihrer Freizeit verrückt genug sind, so etwas zu planen und zu realisieren. Alle verbindet nicht nur die Kunst, sondern eigentlich Hannover. "Wir alle sind irgendwann mal nach Hannover gekommen und hier hängengeblieben. Die Stadt fesselt einen einfach", so Karl-Heinz.
Eine Kunstausstellung in einem verlassenen, runtergekommenen Fabrikgebäude? Eine Frage, die man sich stellen kann oder man dreht den Spieß um und macht es wie die sechs Jungs und fragt sich: Eine Galerie-Ausstellungen in einem Raum mit weißen Wänden, Smalltalk, Getränken und vielleicht etwas Fingerfood? Für die Fünf lag die Antwort auf der Hand: Auf gar keinen Fall! Für ihre geplante Ausstellung Rooms of Art kamen keine frischen weißen Wände in Frage. Die Location soll schocken.
Die Initiatoren der Ausstellung sind nach langer Suche auf dem Conti-Gelände gelandet, und fanden den Ort für ihre Pläne perfekt. Sven findet, dass alte verlassene Fabrikanlagen, auch wenn sie schon leicht verfallen sind, einen ganz besonderen Charme haben. Eine Ausstrahlung, die man kaum beschreiben kann. Er behauptet, dass sie atmen, dass sie voller Leben und voller Geschichte sind und viel erlebt haben. Was für viele nur eine Ruine ist, die sie am liebsten durch seelenlose Gebäude aus Glas, Stahl und Beton ersetzen würden, ist für Sven etwas ganz anderes. Die perfekte Location für eine Ausstellung.
Auch Karl-Heinz beschreibt die Auswahl des Ortes ganz ähnlich: "Alte Gebäude, vergessene Objekte oder Industriebbrachen mit Geschichte stehen mitten in der Stadt und keiner registriert sie mehr. Schönheiten, die wir im Alltag nicht mehr wahrnehmen. Wir dürfen sie nicht aus dem Blickfeld verlieren und als gegeben hinnehmen. Man betritt einen Ort, an dem man sonst nicht unbedingt Kunst erwarten würde. Das lässt aufschrecken, das schärft die Sinne und ebnet den Weg. Die Kunst mal in einem ganz anderen Licht sehen. Wild und selbstbewusst trotzt der Umgebung. Was gut ist, braucht keine weiße Wand. Was gut ist, kommt auch mit der etwas heruntergekommenen Atmosphäre des verlassenen Ambientes oder mit schlichtem nackten Beton zurecht.
Diese Ausstellung hängt nicht ewig, sie taucht erst am Nachmittag vor der Vernissage auf, ist dort abends für ein paar Stunden zu sehen, bleibt noch am nächsten Tag und verschwindet dann genauso schnell wieder, wie sie aufgetaucht ist. Spätestens am übernächsten Morgen existiert nur noch die Erinnerung daran. Ein einmaliges Erlebnis. Nicht wiederholbar. Entweder war man dort oder man wird es nur aus den Berichten derjenigen erleben können, die dabei waren. Es ist ein bisschen so, als ginge die Kunst für einen Wimpernschlag zurück zu ihren Wurzeln: Temporäre Höhlenmalerei, auf die unebene Wand aufgebracht.