
Alexander Eisenach
Erzähl' doch mal kurz was über deine Leidenschaft.
Ich arbeite als freier Theaterregisseur und Autor. Seit der Spielzeit 2017/18 bin ich als Hausregisseur am Schauspiel Hannover engagiert. Gemeinsam mit der Dramaturgin Sarah Lorenz sind wir in Cumberland auf der Suche nach spannenden Formaten, die das Theater noch stärker in den Dialog mit der Stadt treten lassen und die formalästhetischen Grenzen immer wieder sprengen.
Was ist deine persönliche Motivation hinter diesem Thema?
Die künstlerische Herausforderung und immer wieder die Frage danach, was Theater sein kann. Was man an diesem Ort erleben kann und was eigentlich die Faktoren sind, die das Theatererlebnis ausmachen. Der Versuch alle Sinne anzusprechen und einen lebendigen Ort des Austauschs und der Kunst zu schaffen. Mit unserer Theaterserie EINE STADT WILL NACH OBEN gehen wir ein ästhetisches und organisatorisches Wagnis ein, ein künstlerisches Experiment, was die Handschriften von 5 Regisseuren vereint und an einem Ort stattfindet, der wandel- und begehbar ist, der Bar, Treppenhaus und Bühne zugleich ist.
Was möchtest du damit in Hannover bewegen?
Ich möchte die Herzen und Köpfe der Menschen hier öffnen für das Theater und neugierig machen auf die Kunst. Ich möchte, dass wir uns mehr dem Wagnis aussetzen und unsere Vorurteile und Erwartungshaltungen ablegen, dass wir uns wirklich frei machen. Denn das kann Theater: Uns von der Engstirnigkeit unseres Alltags befreien.
Warum liebst du Hannover?
Wegen der Menschen, die ich hier kennengelernt habe und kennenlerne. Wegen meinem Sohn, der hier geboren ist. Wegen der kurzen Wege und des Wochenmarkts. Wegen des Theaters, das ein so warmer Ort ist. Wegen meiner Berliner Arroganz, die auf der Strecke bleiben durfte, als ich hierher gezogen bin.
Was müsste deiner Meinung nach dringend in Hannover verändert werden?
Mehr Omu-Kinos. Bessere Radwege. Mehr gute Restaurants. Das Ihme-Zentrum. Das Wetter. Der abgeschmackte Provinz-Polit-Klüngel. Wie in jeder Stadt: Viel mehr Hilfe für Arme und Obdachlose! Viel mehr! Dafür weniger Ignoranz und besinnungsloser Konsum, der doch kein Trost ist. Vielvielvielmehr Krippen- und Kitaplätze. Und - sorry - 96 in die zweite Liga.
Was ist deine persönliche Vision für ein Hannover in 20 Jahren?
Weniger Hektik. Eine begrünte Innenstadt ohne Industriefraß. Menschen, die grundlos spazieren gehen und sich dabei grüßen. Raum und Zeit für Kreativität, die nichts beweisen muss, sondern sich selbst dienen darf. Stilvolle Autos, die niemand dröhnend bis zur nächsten Ampel auf 80 beschleunigt. Ein sympathischer Zweitligist in den Händen seiner Mitglieder, der in einem Stadion voller Stehplätze ohne albernen Sponsorennamen spielt. Ein Theater mit Strahlkraft und Mut, das sich der Kunst widmet und von einer souveränen Kulturpolitik darin bestärkt wird.
Verrate uns deinen Lieblingsort in Hannover.
Der alte Friedhof am Lindener Berg.
Welches ist dein Lieblingsprojekt in Hannover?
Diese seltsam frisierte Emo-Flashmob, der sich immer plötzlich auf dem Platz neben der Oper bildet.